Im Schatten von Tesla betrat jüngst Lucid das Börsenparkett. Im Verlauf der vergangenen Monate lief die Produktion der Fahrzeuge an, fortan soll die Massenproduktion forciert werden. Der Markeintritt erscheint spät, es gibt jedoch einige Anhaltspunkte, die Lucid eine profitable Marktnische ermöglichen könnten.
Diese Nische hat ursprünglich Tesla durch das Model S geschaffen. Lucid tritt nun mit der Oberklasse-Limousine „Air“ in den Markt ein. Die technischen Daten des Erstmodells begeistern hierbei. Der Air ist aktuell das Elektrofahrzeug mit der größten Reichweite seiner Klasse. Mit einer Reichweite von 520 Meilen schlägt das Spitzenmodell das Tesla Model S Long Range (412 Meilen) deutlich. Der Antrieb des Tesla ist effizienter, Lucid besitzt allerdings Vorteile hinsichtlich des Platzbedarfs der Technik. Die 4680er-Rundzellen, welche Tesla künftig verbauen möchte, besitzen eingige Vorteile, nutzen den Platz innerhalb der Batteriepacks jedoch nicht optimal. Lucid könnte mit fremdeingekauften Zellen die Kapazität der Fahrzeuge künftig wohl besser skalieren.
Im Vergleich zu vielen anderen Elektroautoproduzenten ist Lucid technologieoffen in Bezug auf die eingesetzte Batterietechnik. Das Unternehmen produziert die Akkus nicht selbst, kann bei Technologiesprüngen tendenziell also schneller reagieren als Hersteller mit eigener Batteriefertigung.
Die Qualität und Materialanmutung des Lucid Air begeisterte Tester und brachte dem Fahrzeug erste Preise als Auto des Jahres in den USA ein. Die für 700 Millionen US-Dollar neu errichtete Fabrik in Arizona ist spezifisch nach den Bedürfnissen der Produktion von Elektrofahrzeugen konzipiert worden. Es handelt sich hierbei nicht, wie bei vielen Konkurrenten, um umgebaute Fabrikanlagen aus der Zeit der Verbrenner. Durch die hohen Investitionen hofft das Unternehmen, ähnliche „Anlaufschwierigkeiten“, wie sie etwa Tesla beim Model 3 erlebt hat, zu umgehen.

Die Entwicklung des Unternehmens und der Aktie steht und fällt nämlich wohl mit der Ausweitung der Produktionskapazitäten. Das Beispiel Tesla zeigt, dass das Erreichen und Halten einer profitablen Großserienproduktion ein anspruchsvolles Unterfangen ist. Während Tesla in Bezug auf die Geschwindigkeit des Ausbaus bereits unter Zeitdruck stand, so setzt der späte Markteintritt Lucid ebenfalls erheblich unter Zugzwang. In den kommenden beiden Jahren soll der Fahrzeugausstoß im Jahresvergleich jeweils um 150 Prozent ansteigen. Ein ambitioniertes Ziel, an dem die Aktionäre das Unternehmen jedoch messen werden.

Die notwendigen Kapitalaufwendungen für die Produktionskapazitäten und neues Personal werden die Bruttomargen in den kommenden Quartalen sehr wahrscheinlich belasten. Finanzchefin Sherry House geht davon aus, dass die Profitabilität frühestens im Jahr 2023 wieder steigt.
Fragen bleiben zudem hinsichtlich der Software, insbesondere im Bezug auf das Autonome Fahren. Nach Brancheneinschätzungen liegt Lucid in diesem Bereich noch hinter Tesla und den chinesischen EV-Produzenten zurück. Hier sollten die Modelle in den kommenden Modelljahren Aufschluss geben, inwiefern Lucid das Rennen hin zum autonomen Fahrbetrieb bestreiten kann.
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