Argumente

Viele der Rahmenbedingungen und Umstände des vergangenen Jahres sorgte bei den Aktionären von Daqo New Energy für gute Stimmung. In den vergangenen 12 Monaten konnte der Aktienkurs des Unternehmens um knapp 30 Prozent zulegen. Getrieben wurde der Kursanstieg vor allem durch eine Verdopplung der Handelspreise von Polysilizium. Für Anleger stellt sich nun die Frage, ob 2021 einen Ausreißer darstellt und die aktuell hohe Bewertung der Aktie langfristig nicht zu halten ist. Oder lohnt ein Investment in Daqo New Energy nach wie vor?

Im Gegensatz zu Unternehmen wie JinkoSolar und Canadian Solar handelt es sich bei Daqo New Energy um einen reinen Zulieferer von Mono- und Polysilizium. 2018 gab man auch die Fertigung von Solarwafern auf und konzentriert sich seither rein auf die Rohstoffe der Solarindustrie. Misst man diese Entscheidung des Managements an der Aktie des Unternehmens, so ist diese als durchschlagenden Erfolg zu bewerten. Seit Mitte 2018 hat sich der Aktienkurs etwa vervierfacht.

Es gibt einige Gründe, wieso die Aktie auch 2022 weiterhin ein Investment wert ist.

  1. Daqo New Energy genießt politische Rückendeckung. So werden die Energiekosten des Unternehmens staatlich subventioniert. Während der technologische Wettbewerb im Bereich der Solarkomponenten international ausgetragen wird, so fördert China die Produktion von Polysilizium massiv. Daqo hat seine Energieverträge kürzlich um weitere 10 Jahre verlängern können.
  2. Die Förderung führt zu einer beeindrucken Profitabilität. Dank der geringen Energiekosten fertigte man in Q3 2021 das Kilogramm Polysilizium für 5,96$, bei einem Spotpreis von etwa 35$ auf den internationalen Märkten. Selbst bei stark rückläufigen Preisen wäre Daqo New Energy nach wie vor hochprofitabel. Die Bruttomarge beträgt derzeit 74,4%!
  3. Die Qualität der Erzeugnisse, insbesondere des Monosiliziums, ist sehr gut. Daqo New Energy verkauft die Produkte mit einem Premium über den marktüblichen Preisen und erzielte zwischen Q3 2020 und Q3 2021 eine Umsatzsteigerung von 367% auf 585,8 Millionen US-Dollar.
  4. Phase 4B der Kapazitätserweiterung soll im zweiten Quartal 2022 abgeschlossen werden und die Produktionskapazität des Unternehmens verdoppeln.


  5. Technologisch ist Daqo ebenfalls auf der Höhe. Bereits aktuell kann das Unternehmen 30 bis 40% seines Outputs auf negativ geladenes Silizium umstellen. Die Nachfrage nach diesen Produkten sollte in den nächsten Jahren massiv steigen. N-Typ Zellen und Module sind effizienter und sollen eine längere Lebensdauer vorweisen können. Für die Transformation der industrie scheint Daqo New Energy bereits gewappnet.

Update 07.01.2022:

Bisher scheinen sich die Prognosen für die Preisentwicklung des Polysiliziums zu bestätigen. Zu Jahresbeginn verlangsamte sich der Preisrückgang, mit durchschnittlich 32 $/kg für PV-fähiges Polysilizium bewegen sich die Preise nach wie vor auf einem sehr profitablen Niveau für die Produzenten.

Die Vorzeichen deuten jedoch nach wie vor auf eine Verringerung der Spot Preise im Jahresverlauf hin. Die Abschlüsse längerfristiger Liefervereinbarungen sind nach wie vor rückläufig. Die international hohe Nachfrage nach Solar-Wafern stützt die Preise aktuell jedoch.

Eine zweite sehr bekannte Solaraktie ist Canadian Solar. Auch dieses Unternehmen konnte sich den Kursrückgängen nicht widersetzen. Anders als bei JinkoSolar sind die fundamentalen Probleme bei Canadian Solar jedoch größer, die Aktie muss auch nach den gesunkenen Kursen differenziert betrachtet werden.

Canadian Solar ist streng genommen keine chinesische Aktie. Das Unternehmen wurde von Shawn Qu in Kanada gegründet. Qu nutzte im Folgenden allerdings seine Kontakte in die Heimat zum Aufbau der Produktion, diese findet hauptsächlich in China statt.

Auch Canadian Solar war folglich von den Konflikten mit den US-Zollbehörden betroffen, wenn auch nicht in dem Umfang, wie es JinkoSolar betraf. Dennoch litt auch die Aktie von Canadian Solar 2021 und gab im Jahresverlauf rund 9 Prozent ihrer Bewertung ab.

Canadian Solar hat einige Stärken, die das Unternehmen für Aktionäre interessant machen.

  1. Die Geschäftsstrategie sieht vor, dass man auch Beteiligungen an Solarparks hält. Zukünftig soll der Geschäftsbereich „Global Energy“ stark ausgebaut werden. Bis 2025 möchte man die installierte und betriebene Kapazität jährlich um 25% erhöhen. Canadian Solar baut sich so stetigen Cash-Flow auf, bis die Strategie vollends Wirkung zeigt, sollten jedoch noch mehrere Jahre vergehen.
  2. Wie Daqo New Energy und JinkoSolar plant auch Canadian Solar die Zweitlistung einer Tochtergesellschaft in China und kann somit 2022 mit einer Finanzspritze kalkulieren.
  3. Die Sparte CSI Solar, die sich mit der Produktion von Solarkomponenten beschäftigt, hat ebenfalls eine Kooperation mit CATL abgeschlossen. Diese Zusammenarbeit fokussiert sich stark auf die Hardware zur Energiespeicherung in Solarparks und ist für Canadian Solar eine sinnvolle Erweiterung des ohnehin schon großen Spektrums an Solarprodukten.
  4. Canadian Solar übertrifft die Markterwartungen oft. Die Prognosen für die Marge übertraf man, bis auf eine Ausnahme, seit Q1 2019 immer. Auch das Umsatzwachstum übersteigt meistens die Analystenschätzungen. Hier können sich für Trader immer wieder Potenziale durch Volatilität in der Aktie ergeben.

Meiner Meinung nach existieren jedoch einige Probleme, die Canadian Solar in den kommenden Jahren belasten sollten und die Aktie im Branchenvergleich weniger attraktiv erscheinen lassen.

  1. Der Ausbau des Unternehmensbereichs Global Energy bezieht sich vor allem auf die Installation und den Betrieb von Solarparks. Insbesondere in den kommenden Quartalen liegen hier jedoch die größten Probleme der Branche. Die Eigenfertigung der Komponenten hilft zwar, die Selbstkosten belasten die Profitabilität jedoch zu einem Zeitpunkt, in dem man laut Strategie den Bau der Anlagen forcieren möchte.
  2. Im Vergleich zur Konkurrenz hat Canadian Solar ohnehin Probleme mit der Profitabilität. Die EBITDA Marge (8,4 Prozent) und die Nettomarge (1,1%) liegen aktuell deutlich unter dem Durchschnitt des Sektors.
  3. Die Finanzierungsstruktur hat sich in den vergangenen 3 Jahren verschlechtert. Die langfristigen Verbindlichkeiten haben sich fast verdoppelt, von 393 auf 755 Millionen US-Dollar. Der geplante Börsengang und Refinanzierungsbemühungen dürften hier helfen, aber auch hier steht Canadian Solar schlechter da als einige Konkurrenten.
  4. Auch das Umsatzwachstum liegt im Branchenvergleich zurück. Vergleicht man Canadian Solar mit der Peer Group aus JinkoSolar, Daqo New Energy und First Solar, so fällt auf, dass insbesondere das durchschnittliche Umsatzwachstum der vergangenen 3 Jahre zurückfällt. Ähnlich stellt sich die Situation bei der Entwicklung des EBITDA dar.

Die Jinkosolar Aktie stand im Laufe des Jahres insbesondere aufgrund von Konflikten zwischen China und den USA unter Druck. Im Kern drehte sich der Konflikt um die Verdacht, chinesische Solarmodule seien unter Einsatz von Zwangsarbeitern gefertigt worden. Die Beschlagnahmung von Komponenten mit einer Gesamtleistung von 100 MW durch US-Zollbehörden sorgte nach Bekanntwerden im August für einen Kurssturz um 14 Prozent. Auch gestern drehte die Aktie stark ins Minus, konnte heute zumindest teilweise wieder aufholen. Eine konkrete, fundamentale Begründung für den gestrigen Kurssturz gab es nicht. Dennoch liegt die Aktie im Jahresvergleich aktuell mehr als 25 Prozent im Minus.

Gestiegene Material- und Rohstoffkosten belasteten die Bilanz im Jahresverlauf ebenso. Die Bruttomarge ging um 2 Prozent zurück und die Lieferengpässe sorgten für eine Verlangsamung des Wachstums. Vor wenigen Tagen musste das Management die Prognose für das laufende Quartal schließlich kassieren. Hierdurch endete der zwischenzeitliche Aufwärtstrend der Aktie im zweiten Halbjahr endgültig.

Beide Probleme können auch für das kommende Jahr nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Die Bewertung der Aktie hat sich jedoch angepasst und JinkoSolar könnte aus diversen Gründen 2022 wieder zu den Gewinnern zählen.

  1. Die Lieferengpässe im aktuellen Jahr sollen durch eine neue Kooperation mit dem chinesischen Polysilikon-Produzenten Tongwei gemildert werden. JinkoSolar investiert 70 Millionen US-Dollar in den Aufbau einer neuen Produktionslinie von Tongwei, die eine Jahreskapazität von 100.000 Tonnen besitzen soll. Das Investment berechtigt JinkoSolar zu einer fixen Abnahme von jährlich 30.000 Tonnen. Mit dem chinesischen Unternehmen Xinte sowie mit dem deutschen Zulieferer Wacker Chemie wurden ebenfalls neue Abnahmevereinbarungen geschlossen.
  2. Die angebotsseitigen Probleme beseitigt JinkoSolar zunehmend. Davon sollte man in der nahen Zukunft profitieren können. Die internationalen Preise für Solarpanels sind in den vergangenen Monaten stetig gestiegen, der Nachfrageüberhang verbessert die Verhandlungsposition der Anbieter signifikant.
  3. Darüber hinaus erschließt sich JinkoSolar zunehmend weitere Geschäftsfelder. Mitte des Jahres gab man eine Kooperation mit CATL bekannt. Die Zusammenarbeit soll sich auf Systeme zum Lastausgleich in Solarparks beziehen. Die zunehmende Einbindung der Solarenergie in die Stromnetze sollte für diese Lösungen im kommenden Jahrzehnt einen großen Markt schaffen. Das inländische Geschäftsvolumen für Energiespeicherung hat sich für CATL im rückliegenden Halbjahr bereits verachtfacht.

  4. Die finanzielle Situation sollte sich durch eine Zweitlistung des Unternehmens an der chinesischen STAR-Börse ebenfalls verbessern. Die Listung an dieser noch jungen Börse in Shanghai ist über eine Tochtergesellschaft erfolgt und brachte 458 Millionen US-Dollar an neuem Kapital ein

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      Besprochene Aktien

      Auch in diesen Argumenten enthalten

      Daqo New Energy Corp

      Daqo New Energy ist ein chinesisches Unternehmen mit Sitz auf den Cayman Islands. Hauptsächlich produziert Daqo New Energy Materialien für die Fertigung von Solarzellen. Darüber hinaus fertigt man aber auch Siliziumwafer und Photovoltaik-Module.

      JinkoSolar Holdings Co Ltd

      Die in den USA notierte, chinesische JinkoSolar Holding sieht sich als einer der größten kristallinen Solarmodulproduzenten. In 2013 verfügte man nach eigenen Angaben über eine Kapazität von 1,5 GW.

      Autor

      Das Thema Börse beschäftigt mich bereits seit mehr als 10 Jahren. Während des Bachelors der Wirtschaftswissenschaften und des Masters in Betriebswirtschaftslehre konnte ich mich durch mehrere Praktika und Vorstandsarbeit im Arbeitskreis Börse der Uni Mainz stetig weiterbilden. Mich fasziniert die Rolle der Technologie in unserer Gesellschaft sowie die Auswirkungen unserer Gewohnheiten auf die Aktienmärkte. Für Trendlink und weitere Publikationen schätze ich Aktien nun seit knapp 5 Jahren ein.

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