Argumente

Durch die Umstellung auf die Cloud und einem Abo-Modell zur Abrechnung von Kunden würde SAP dem Branchentrend folgen können - und hätte mittelfristig hierdurch einige Vorteile:

  • Die Erträge aus Abonnementmodellen sind besser plan- und kalkulierbar, im Vergleich zu Lizenzzahlungen
  • Umsätze könnten gesteigert werden, indem Kunden temporär auf einzelne Module zugreifen. Im Abo-Modell ist dies nun möglich, früher war hierfür eine On-Premise Installation und das Entrichten der Lizenzgebühr fällig. Die gestiegene Flexibilität und die geringeren Overhead-Kosten der Kunden dürfte diese regelmäßiger dazu bewegen, sich für zusätzliche Programm-Module zu entscheiden
  • Durch die bessere Verteilung der Systemkosten über deren Betriebszeit (und nicht als "Riesenvorschuss" zu Beginn der Lebenszeit), könnten zukünftig Projektentscheidungen zu Gunsten SAPs ausfallen, die zuvor eventuell aus Gründen der Anfangsinvestition nicht zustande gekommen wären
  • Sobald sämtliche Akquisitionen einheitlich über die Cloud zugänglich sind, eignet sich SAP erweitert sich die Abdeckung der Business Cases nochmals beträchtlich

Die hohen Investitionen schrecken den ein oder anderen Investor ab, mittelfristig könnte die Entscheidung zum Konzernumbau jedoch richtig gewesen sein.

Das ERP-Produkt der SAP dürfte durch die Ausweitung der Cloud-Kompatibilität erheblich verbessert werden.

  • Der Verwaltungsaufwand innerhalb eines Unternehmens sinkt aufgrund der geringen Infrastrukturaufwendungen und -anforderungen
  • Die Systeme sind besser skalierbar. Somit können SAP-Kunden flexibler reagieren und die Systeme ihrem Wachstum anpassen oder auf Nachfragespitzen reagieren
  • Die Nutzung wird ebenfalls flexibler. Der Zugriff auf die Systeme kann ortsungebunden stattfinden. Gerade im Zusammenhang mit Remote Work oder Home Office ergeben sich hierdurch enorme Vorteile für Unternehmen, da keine umfangreiche eigene Lösung für den Remote-Zugriff angeschafft werden muss

Übermäßig pessimistisch sollte man die Situation bei SAP trotz der bestehenden Cloud-Probleme auch nicht sehen. Im Kerngeschäft, dem ERP-Markt, ist man nach wie vor unumstrittener Marktführer mit einem globalen Marktanteil von 20 Prozent (Oracle besitzt als nächstgrößter Konkurrent 11 Prozent Anteil). Im Segment für sehr große Unternehmen sieht es nochmal deutlich besser aus. SAP bedient zum Beispiel 92 Prozent aller Fortune 500 Companies!

Bei ERP-Systemen ist die Kundenbindung sehr hoch. Bei großen Konzern verschlingen Implementierung nicht selten mehrere Jahre und mehrere 100 Millionen Euro. Eine Umstellung auf andere Anbieter stellt samt Transformation der Prozesse und Daten sowie deren Migration bedeutet einen enormen Aufwand. Ein Großteil der Kunden dürfte daher ein wenig zusätzliche Geduld mit der Entwicklungsarbeit von SAP aufbringen.

Auch wenn der Aufwand für den Umbau des Geschäftsmodells hoch ausfällt und einige Kunden noch Skepsis bezüglich der Umstellung zeigen, so wächst das Geschäft mit der Cloud weiterhin recht dynamisch. Im vergangenen Jahr liefen im Lizenz- und Dienstleistungsbereich zwar bedeutende Verluste auf, das Cloud-Geschäft konnte aber trotz der Corona-Pandemie zulegen. Um 11 Prozent legten die Umsätze hier zu, bereinigt um Anwendungen, die spezifisch von der Pandemie getroffen wurden (z.B. der Service Concur zur Reisekostenverwaltung), legte der Absatz der Cloud sogar um 26 Prozent zu.

Für das weitere Wachstum spricht auch der Auftragsbestand für Cloud-Systeme, der um 10 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro wuchs. Trotzdem sollten Anleger beobachten, ob das ehrgeizige Ziel, bis zum Jahr 2025 rund 60 Prozent des Umsatzes in der Cloud zu erwirtschaften, tatsächlich realistisch erreichbar ist.

Wenn SAP seinen globalen Marktanteil in der Cloud von derzeit 14 Prozent ausbauen und seine Kunden von einem Wechsel auf dieses Geschäftsmodell überzeugen möchte, dann muss das Unternehmen zunächst enorm in die eigene Infrastruktur investieren. Stehen die Server und die Infrastruktur aktuell in vielen Fällen noch beim Kunden, so müssen nun interne Strukturen und Server-Architekturen aufgebaut werden, um ERP als abrufbaren Service zu ermöglichen - und das in beträchtlichem Umfang. In den kommenden beiden Jahren beziffert der Finanzvorstand den Aufwand für die Umbauten auf einen "mittleren dreistelligen Millionenbetrag". 

Nach wie vor sind viele der Akquisitionen der vergangenen Jahre technologisch nicht vollständig harmonisiert, laufen teilweise auf unterschiedlichen Technologien. Hierdurch entstehen Probleme im Cloud-Geschäftsmodell, in dem Kunden einzelne Services einfach per Abo hinzubuchen sollen. Gegenwärtig ist dies noch nicht möglich. Um die Probleme schnellstmöglich zu beheben, hat SAP in der jüngeren Vergangenheit 2.000 zusätzliche Entwickler angeheuert. Das gesteigerte Entwicklungstempo verursacht hierdurch auch einen enormen finanziellen Mehraufwand.

Die Migration von ERP-Systemen auf eine Cloud-Architektur ruft Probleme und Bedenken auf den Plan, die bei anderen häufig cloudbasierten, jedoch auf lediglich eine Geschäftseinheit bezogene Geschäftsmodulen (bspw. CRM-Systeme) nicht bestehen.

  • Die Integration und Verbindung unterschiedlicher Unternehmensbereiche in einem ERP-Systeme führt zu einem hohen Einrichtungs- und Konzeptionsaufwand in der Cloud-Architektur. Zugriffsberechtigungen und die Identität von Mitarbeiter müssen konzernübergreifend richtig abgebildet werden, die Datensicherung verursacht für unterschiedliche Bereiche abweichende Anforderungen, etc.
  • Die Datenmengen, welche migriert werden müssen, sind bei ERP-Systemen ungleich höher. Jeder, der den Transport großer Datenmengen bereits in einem Projekt betreut hat, dürfte wissen, was das bedeutet. Beschädigte, fehlerhafte oder fehlende Daten sollten unbedingt vermieden werden, zumal diese in relationalen Datenmodellen katastrophale Fehlerketten verursachen können, sofern Schüssel von diesen Fehlern betroffen sind.
  • Aus diesem Grund besitzen viele der Unternehmen noch Sicherheitsbedenken bezüglich des Migrationsprozesses ihrer Datenbasis in die Cloud, zumal auch sehr sensible Daten zum Personal, Vertrags- und Rechnungswesen in vielen Fällen übertragen werden müssen.

Während viele SAP-Kunden angeben, die Cloud in naher Zukunft nutzen zu wollen, so bleibt abzuwarten, ob diese auch bereit sind, die hohen Kosten für die Umstellung hinzunehmen. Um den ein oder anderen Kunden besänftigen zu können, wird SAP wohl Eingeständnisse in der Auftragsgestaltung hinnehmen müssen. Unter den großen ERP-Anbietern vollzieht das Unternehmen den Wechsel sehr spät, die Konkurrenz schielt auf den Kundenbestand des Konzerns, wie der Oracle-Gründer Larry Ellison nicht müde wird, zu betonen.

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